Viele Menschen suchen nach und nehmen sich Handlungsspielräume. Sie werden aktiv – aus einem Bedürfnis heraus: den eigenen Lebensraum und ihre Lebensweise zu gestalten, aus der Nähe versorgt werden und selbst versorgen. Daneben agieren Institutionen, die viel zum Entstehen von Gemeinschaft beitragen und dabei teils mit Anspruchsdenken konfrontiert sind. Dazwischen Forschungsprojekte, die initiieren, und Unternehmer*innen, die die Gemeinschaft im Blick haben. In der Donaustadt gibt es bereits viele positive Beispiele.
Die Kleine Stadt Farm verbindet ökologische und soziale Initiativen über den 22. hinaus
Gutes Tun und davon einfach und gut leben zu können, war Antrieb für die Gründung der Kleinen Stadt Farm 2011, die auch Initia-tiven in Neubau und Floridsdorf unter ihrem Dach hat. Heute bauen sie mit Geldern aus dem Europäischen Sozialfonds einen sozio-ökonomischen Betrieb für die Ausbildung langzeitarbeitsloser Jugendlicher auf: in der Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung. Angebaut wird im Schutzgebiet Wald und Wiese, gepachtet auf fünf Jahre, länger erlaubt der Rechnungshof nicht. Daneben besetzte Flächen anderer Initiativen. Alles ist offen, vor allem für die AnrainerInnen zur Erholung. Das bedeutet auch mal Schwund, wie Bäume, die wieder ausgegraben wurden. Ärgern hilft hier nichts. Die Natur, Schne-cken und Schädlinge holen sich auch einen Teil der Ernte, und der Mensch ist ja Teil der Natur. Butz & Stingl, die erste Foodcoop der Donaustadt, ist auch Mitglied der Kleinen Stadt Farm. Ihr Aufbau war leicht, da sie auf eine bestehende Gemeinschaft – die Sied-lerbewegung – gestoßen sind, die auch die Räumlichkeiten stellt. Alle großen Entscheidungen werden im Plenum diskutiert, ein eigenes Wertesystem wird derzeit erarbeitet.
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Mitgestaltung und Unterstützung von Initiativen – Lokale Agenda 21 Donaustadt
Die Bildungswerkstätte im Entstehen am Barbenhäufl kocht Kraut fürs Crowdfunding, um Geld für die Finanzierung der erforderlichen Infrastruktur zu sammeln. Eine Veranstaltung der Kleinen Stadt Farm, medial und zum Teil finanziell unterstützt von der Lokalen Agenda. Die auch Netzwerktreffen für Austausch über urbane Landwirtschaft organisiert. Oder Radexkursionen zum heranwachsenden Norbert-Scheed-Wald in Breitenlee, der als Daseinsvorsorge für alle geschaffen wurde. Die Lokale Agenda gestaltet auch Partizipationsprozesse, wie beim Paradiesgartl – einer Fläche der Stadt Wien –, die für die Erholung der Bürger*innen geöffnet wurde. Die Lokale Agenda fragte die Bürger*innen, was sie möchten. Es wurde ein gemeinsamer Nenner gefunden – „essbare“ Sträucher, Obstbäume und Sitzgelegenheiten sowie naturbelassene Bereiche und Platz zum Spielen – und umgesetzt. Die Anrainer*innen pflanzten mit und übernahmen Baumpatenschaften. Zur Wasserversorgung wurde ein bestehender Hydrant für die Nutzung im Paradiesgartl aktiviert.
Lokaler Umweltschutz mit den Bürger*innen. Seit 2003 verbindet die Lokale Agenda Donaustadt Politik und Verwaltung mit den Bürger*innen. Sie unterstützt das ehrenamtliche Tun, bringt Struktur in Ideen mit lokalen Agendagruppen und begleitet die Umsetzung. Finanziert wird sie von Bezirk, Stadt Wien und der EU. Ein Ergebnis ist die Broschüre Nahrungsquelle Donaustadt, bereits in dritter Auflage. Hier wäre eine Zusammenarbeit mit der Stadtlandwirtschaft der Landwirtschaftskammer – Homepage und App – ideal, da sie neben den Akteur*innen mit gleichem Ziel, die Papierwelt und digitale Medien zusammenbrächte.
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Jugend und öffentlicher Park, betreut vom Jugendzentrum Hirschstetten
Seit 40 Jahren bietet das Jugendzentrum ein konsumfreies Angebot zwischen Donauzentrum und den freien Feldern sowie den nun mit der U-Bahn herangerückten Fortgehzonen. Es liegt günstig, der Weg dorthin ist frei von Gefahren des motorisierten Verkehrs für die 150 betreuten Kinder und Jugendlichen. Der Park davor, in dessen Gestaltung die Kinder und Jugendlichen eingebunden waren, wird mitbetreut. Hier ist das Jugendzentrum Erste Hilfe, Ansprechpartner und – ganz wichtig für eine lange Aufenthaltsdauer – öffentliches WC. Dazu wurden adäquate Sitzmöbel geschaffen, flexibel positionierbar, die Gemeinschaft entstehen ließen und das Anspruchsdenken der Eltern auf externe Versorgung ihrer Kinder veränderte.
Das Jugendzentrum wertschätzt Engagement für die Gemeinschaft. Zunächst mit kleinen Honorarnoten. Nach deren Unterbindung durch die Finanz setzte es Impulse fürs Gemeinwesen mit einer eigenen Währung. Heute wird deren Fortführung behindert durch die Registrierkassenpflicht. Möglich ist dies alles durch konstante Betreuung, die weiß, was sich bewährt hat und worauf die Gemeinschaft sensibel reagiert. Finanziert wird das Jugendzentrum von der Stadt Wien.
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Aktiv im Stadtteil – Gemeinsam Nachbarschaft gestalten in Essling und Hirschstetten
Was bringt Jugendliche und Senior*innen ins Gespräch? Ein Filmprojekt, in dem Jugendliche auf Spurensuche des Hirschstettens der Jugendzeit von SeniorInnen gehen. Oder die Errichtung von Sitzbänken, die mit Botschaften zum Diskutieren einladen. Als auch eine Stadtrallye, ein Generationenpicknick oder die Gestaltung einer Bahnunterführung von Mädchen begleitet von einem Künstler. „Essling pflückt“ verbindet Baumbesitzer*innen- und Pflücker*innen. Fragen, die die Menschen vor Ort bewegen, kombiniert mit Bewegungsangeboten.
Ein Forschungsprojekt über zwei Jahre, gefördert mit öffentlichen Geldern, unter anderem aus dem österreichischen Gesundheitsfonds. Was bleibt? Ein Netzwerk aus Engagierten, das aktiv bleiben und weitere Projekte umsetzen will. Aktuell läuft die Ortskernbelebung Essling mit dem Ziel, ein Netzwerk von Bewohner*innen- und Unternehmer*innen in Essling aufzubauen, die ein Profil für ihren Stadtteil herausarbeiten.
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Werksalon – der erste co-making space in Wien 22
Die erste geteilte und offene Tischlerei in Wien. Ein Raum für Kreatives, vom Laien bis zum Profi – alle sind herzlich willkommen. Es gibt auch Atelierplätze für Start-ups der Kreativwirtschaft, die ihre verschiedenen Handwerksfertigkeiten gegenseitig nutzen. Die Unternehmensberatung dazu gibt es gleich im Haus. Der Werksalon schafft ein Angebot, wieder selbst etwas zu tun. Wie zum Beispiel eigene Projekte unter professioneller Anleitung mit professionellen Maschinen umzusetzen. Individuell, statt im Möbelhaus schnell einzukaufen. Ressourcenschonend, da die Wertschätzung für das selbst Geschaffene weitaus höher ist und länger gefällt. Der Werksalon fungiert neben der offenen Werkstatt auch als Vernetzer und Ort für Austausch. So bietet er Treffen für die Holzfachfrauen, zu traditioneller Holzbearbeitung oder Möbelbaukurse – auch für Kinder – an. Nicht selten erfolgt die Anreise der Nutzer*innen aus ganz Österreich. So ist der Werksalon kein Modell, das auf jedes Grätzel übertragbar ist. Aber der Werksalon ist weitaus mehr als ein Unternehmen und damit ein gutes Beispiel für andere Handwerkssparten zum Nachahmen.
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Die Initiativen, Unternehmer*innen und Institutionen bauen sich Regelwerke auf, denn nur so sind viele für ein Vorhaben zu begeistern und zu halten. Mitgestaltungsmöglichkeiten stehen im Vordergrund. Vieles wird verhandelt und diskutiert. Austausch, Kennenlernen auf vielen Ebenen. Vieles erfolgt ehrenamtlich, so manches aber auch zur Existenzsicherung. Dabei entstehen lokale Kreisläufe. Das alles und Neues braucht Unterstützung – bei den Formalien und finanziell – damit es bestenfalls irgendwann selbsttragend sein kann. Hier braucht es ein gelebtes Bündnis zwischen Politik, Stadtverwaltung bis hin zu den Initiativen, die gemeinsam nicht die Frage „Geht das?“, sondern „Wie kann es gehen?“ in den Vordergrund stellen. Denn Nahversorgung erzeugt Gemeinschaft und bringt Leben ins Grätzel.
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Im Februar 2017 im Werkstattbericht 173 Gutes Leben für alle braucht eine andere Globalisierung – Herausforderungen und Gestaltungsräume für Städte und Regionen erschienen, als Dokumentation zum Gutes Leben für alle Kongress.
Siehe auch: Nahversorgung für alle in der Donaustadt – Einleitung