Bei Fahrradparkplätzen liegt der Fokus auf dem Neubau, doch braucht es Lösungen und Förderungen für das Radparken im Bestand.
In der Corona-Pandemie haben viele Menschen das Fahrrad für sich wiederentdeckt, weniger Autoverkehr auf den Straßen lud zum Alltagsradeln ein. In den letzten 20 Jahren wurden laut Statista in etwa so viele Fahrräder für den Verkauf hierzulande hergestellt oder importiert, wie Menschen hier leben. Zumeist waren es über 400.000 pro Jahr. Geschätzte 6,4 Millionen Fahrräder gab es in Österreich 2009/10 laut »Radverkehr in Zahlen« vom BMVIT, des damaligen Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie.
Fünf Jahre später hatte laut Konsumerhebung der Statistik Austria jeder Haushalt im Schnitt 1,8 Fahrräder: Spitzenreiter waren Salzburg und Vorarlberg mit mehr als zwei – Wien landete am letzten Platz mit 1,3 Fahrrädern pro Haushalt. Die Statistik Austria führt darüber hinaus keine Daten zum Fahrrad-Bestand – ohne gesetzliche Grundlage oder EU-Verordnung mangelt es ihr am Auftrag, das zu tun. Eine solide Datenbasis zum Fahrrad-Bestand in Österreich fehlt.
Der Hebel liegt im Bestand, dort braucht es Anreize
Je 30 Quadratmeter Wohnfläche einen Abstellplatz für ein Fahrrad vorzusehen, ist erst seit 2019 im Paragraf 119 der Wiener Bauordnung vorgeschrieben. Bereits 2011 gab es die Erläuterungen der MA37, der Baupolizei, die das als Richtmaß vorgab. Dieses Richtmaß führte bereits zu großzügigeren Fahrradräumen in den Wiener Neubaugebieten – wie Sonnwend- und Nordbahnviertel – hier ist die hohe Anzahl von Menschen mit Fahrrad oder Lastenrad heutzutage augenfällig.
Laut MA23, der Magistratsabteilung für Statistik in Wien, leben über 1,7 Millionen Menschen in der Hauptstadt in Häusern, die vor 2012 gebaut wurden – knapp die Hälfte davon in Häusern vor 1945.
„Fahrräder im Gang und Treppenhaus abzustellen, ist nicht zulässig – aufgrund der Brandlast: Denn am problematischsten bei einem Brand ist die Verrauchung, die teils innerhalb von weniger als einer Minute passiert. Für Fahrräder sind daher immer abgetrennte Räume zu schaffen“, erklärt Irmgard Eder, Leiterin der Kompetenzstelle Brandschutz der Stadt Wien, und führt weiter aus: „In Auto-Tiefgaragen dürfen hingegen Fahrräder jedweder Art, also auch mit Elektromotor, abgestellt werden. Zudem können auch neue oder nachträglich einzubauende Fahrradräume geschaffen werden, die nur einen Fluchtweg über die Tiefgarage haben.“ Erst seit Ende 2018 erlaubt das Wiener Garagengesetz das Radparken auf Auto-Parkplätzen. Viele Autogaragen haben Leerstände: Wo und wie viel das ist – auch da fehlen die Daten, um diese Ressourcen für das Radparken nutzbar zu machen.
Tun wir uns als Konsumgesellschaft schwer, etwas zu fördern, das nichts verbraucht? Wie wäre es, jede Person mit Fahrrad zu fördern, unabhängig von Alter und Arbeitstätigkeit? Die Alltagsfahrräder mit Rahmennummer beim Finanzamt in der Steuererklärung angeben, so könnte ein Pauschalbetrag abgesetzt oder die Negativsteuer ausbezahlt werden – dann hätten wir auch gleich eine verlässlichere Datenbasis zum Fahrrad-Bestand und eine allfällige Miete fürs Radparken wäre abgedeckt.
Stadtbild: Blech durch Blech ersetzen?
Die Stadt Salzburg hat den Bedarf für das Radparken erkannt und bietet seit 20 Jahren bedarfsgerecht Radboxen an. Heute stehen 531 bereit und kosten 93 Euro Miete pro Jahr. Wiener Wohnen, die Hausverwaltung der Gemeindewohnungen, vermietet ebenfalls Fahrradboxen. 626 stehen in 48 Häusern bereit zu 82 Euro Miete pro Jahr.
Allerdings, wenn wir parkende Autos durch Fahrradboxen ersetzen, haben wir viel für saubere Mobilität getan, aber wenig für unsere Plätze und Straßen. Wie wäre es Radboxen mit Sitzgelegenheiten und Pflanzen zu verbinden? Die Parklets der Wiener Grätzloasen, die Stadtmöbel auf Auto-Parkplätzen, sind gute Beispiele dafür, wie Angebote zum Verweilen Straßen beleben – künftig vielleicht verstetigt, statt saisonal, und kombiniert mit Radparken.
Denn wie attraktiv unsere Plätze und Straßen gestaltet sind, entscheidet mit, ob wir gern Radfahren. Gleiches gilt, für das Abwägen im Erdgeschoss: Geschäftslokal, Büro, Gemeinschaftsraum oder Fahrradgarage? Erstere beleben unsere Viertel und wenn hier Nahversorger einziehen, verkürzen sie auch unsere Alltagswege.
Radparken für zu Hause
Gefördert werden oft Radparkplätze an Haltestellen, Bahnhöfen oder Institutionen, wie zum Beispiel in Linz mit fast 14.000 Radabstellplätzen. Doch nur wenige Länder und Gemeinden fördern Radparkplätze auf Privatgrund bei Wohnhäusern: Wien, Vorarlberg und Graz fördern das Radparken für zu Hause. 11.000, 460 und 970 Radparkplätze sind hier in den vergangenen Jahren mit Zuschüssen unterstützt worden.
Unsere Alltagsräder brauchen Fahrradgaragen oder Rad-Parkplätze, geschützt vor Regen und Schnee, als auch vor Diebstahl: Damit alltägliches Losradeln und Heimkommen genauso zum Genuss wird, wie das Unterwegssein mit dem Rad.
Dieser Beitrag ist im der Standard als Userartikel erschienen.
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