EMCY Projektauftakt

Anfang September startete unser neues Projekt: EMCY – Enabling Migrants to Cycle. Wir untersuchen, wie Migrant:innen besser in der Forschung vertreten sein können, konkret anhand ihres Zugang zum Radfahren. Das Team besteht aus Beatrice Stude von stape e.U. als Leadpartnerin, Tadej Brezina vom Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien, Sanderien Verstappen und Helen Vaaks vom Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien sowie Elisabeth Kampel von klarfakt e.U.

Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie fördert das Projekt im Rahmen von FEMtech Forschungsprojekte 2023.

Folgende lokal verankerte Institutionen bereichern als Kooperationspartner:innen das Projekt: Piramidops Frauentreff, Verein Projekt Integrationshaus, Fremde werden Freunde, you are welcome / PIR, Volksschule Braunhubergasse, Volksschule Molitorgasse und Volksschule Münichplatz. Ein Gremium aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft begleitet das Projekt.

Zusätzlich unterstützen das Projekt: Martin Udovičić als Illustrator, Robert Fuchs als Radfahrlehrer und Radfahrlehrerausbilder der Radfahrschule Schulterblick sowie Andreas Röderer als Radmechaniker und Radmechanikerausbilder.

Kurzfassung von EMCY – Enabling migrants to cycle

Wie können die Interessen von Menschen mit Migrationshintergrund in der Forschung gerechter repräsentiert werden? Diese Fragestellung wird anhand des Themas Radfahren im Alltag erforscht: Welchen Hürden begegnen Migrant:innen und ihren Kindern dabei, das Radfahren als selbstverständliches Fortbewegungsmittel zu nutzen? – Darauf sucht das Projekt EMCY Antworten unter der Prämisse eines intersektionalen Genderverständnisses, bei dem Geschlecht ein Aspekt der sozialen Ungleichheit ist, und das auch die wirtschaftlichen Bedingungen, die Bildung, das Alter und die Fähigkeit, mobil zu sein, umfasst.

Motivation: Die CO2-Emissionen aus dem Verkehr machen in Wien rund 43% der gesamten Emissionen aus (Wiener Klimafahrplan, 2022). Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen auf netto-null bis 2040 ist nur durch eine Verhaltensänderung aller Menschen in Wien möglich. EMCY konzentriert sich auf Bevölkerungsgruppen, die in der Radverkehrsforschung unterrepräsentiert sind: Menschen, die in Wien leben, aber außerhalb der Europäischen Union von 1995, als Österreich beitrat, geboren wurden.

Studien in anderen Ländern legen nahe, dass sich die alltäglichen Mobilitätspraktiken von Migrant:innen und Nicht-Migrant:innen unterscheiden. In den autozentrierten Vereinigten Staaten fahren Migrant:innen häufiger mit dem Fahrrad als Menschen ohne Migrationshintergrund (Smart, 2010). In den fahrradzentrierten Niederlanden hingegen seltener, als Menschen ohne Migrationshintergrund (Harms, 2007). In Österreich geben 40 % der Migrant:innen und 32 % der Menschen ohne Migrationshintergrund an, dass sie nie ein Fahrrad benutzen (Fassman und Reeger, 2014).

In der wachsenden Radverkehrsforschung in Österreich sind Migrant:innen trotz einiger bemerkenswerter Fallstudien mit Radfahrerinnen in Wien (Segert et al., 2015) unterrepräsentiert. Dies war auch bei der Online-Befragung im Projekt »FreiRad – freiwillige Radfahrprüfung für alle Kinder« der Fall, bei der 86 % der Eltern Deutsch als Erstsprache angaben. Circa die Hälfte der befragten Eltern und Behörden sowie Dreiviertel der Lehrer:innen meinten, dass die Eltern mehr tun sollten, damit ihre Kinder im Alltag radfahren. Vertreterinnen von Elternvereinen widersprachen in den Workshops: Viele Eltern, die nicht in der Befragung repräsentiert sind, brauchen Unterstützung (Kampel et al., 2023).

Inhalt des Projektes ist es, zu erforschen, ob und mit welcher Art der gezielten Befragung von Migrant:innen belastbare Ergebnisse zu deren Haltungen und Bedürfnissen gewonnen werden können. Es sollen Hürden identifiziert werden, die Migrant:innen davon abhalten, im Alltag Fahrrad zu fahren. Die Zielgruppe sind Bewohner:innen Wiens, die von Ländern außerhalb der EU von 1995 zugewandert sind, wobei der Schwerpunkt auf Eltern mit Kindern im Volksschulalter liegt. Diese Vorgangsweise ist analog zum Projekt FreiRad und ermöglicht einen Abgleich der Forschungsergebnisse, um so die dort erarbeiteten Handlungsempfehlungen zu überprüfen – zu bestätigen oder zu erweitern. Für die Erhebung ist eine Kooperation mit in dieser Bevölkerungsgruppe lokal verankerten Institutionen aus dem Integrationsbereich geplant. Auf Grundlage der Erhebung wird ein Praxistest (z. B. maßgeschneiderte Radfahrkurse) entwickelt, um mögliche unterstützende Maßnahmen für Migrant:innen zu erproben.

Dissemination: Die gewonnenen Erkenntnisse sollen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften verbreitet werden.

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